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Der Asteroid
Die Katastrophe
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Der Asteroid Hephaistos droht auf die Erde zu stürzen Die folgende Beschreibung ist entnommen dem Roman

"alpha-Centauri - Auf der Suche nach besiedelbaren Planeten" © Copyright Fritz Reichert
 

Kapitel 15
In der griechischen Mythologie ist Hephaistos der Gott des Feuers. Er wurde zweimal vom Olymp gestürzt. Zuerst warf ihn seine Mutter Hera vom Olymp ins Meer, weil sie beim Anblick des Kindes über seine Hässlichkeit entsetzt war. Später stürzte ihn der Göttervater Zeus höchstpersönlich vom Göttersitz. Zeus hatte sich mit Hera gestritten und Hephaistos hatte sich auf Heras Seite gestellt.
Hephaistos wurde auch ein Asteroid genannt. Jeweils nach 5 Jahren umkreist er die Sonne und kreuzt dabei auch die Erdbahn. Die meiste Zeit jedoch hielt er sich fern der Erde auf. Auf Grund seiner Bahndaten konnte er während der nächsten 100 000 Jahre der Erde nicht nahe kommen oder gar mit ihr kollidieren. Auch von den übrigen ca. 2000 Asteroiden, die der Erde gefährlich werden könnten, kannte man deren Bahnen und wusste, dass sie die Erde in den nächsten tausend Jahren nicht bedrohen.
Einer von Ranzers Doktoranden, Theo Sagan, hatte im Rahmen des Programms ”Spacewatch” festgestellt, dass Hephaistos seine ursprüngliche Bahn verlassen hatte. War dieser 7 km dicke Steinklumpen mit einem anderen Asteroiden oder mit einem Kometen zusammengestoßen? Das wusste man nicht, dass er aber eine Umlaufbahn bekommen hatte, die dazu führte, dass er nach 7 Jahren mit der Erde zusammenstoßen würde, das zeigten seine neuen Bahndaten. Dies bekannt zu geben hatten sich die Wissenschaftler gescheut, sie wollten den Rückhalt ihres Doktorvaters, Prof. Ranzer, dazu haben.
Ranzer überprüfte die Daten, Tasia half ihm dabei, und er kam zu der Überzeugung, dass eine Kollision sehr wahrscheinlich war. Er informierte Jan van der Meulen, mit dem er während seiner Studienzeit zusammen gewohnt hatte, und der jetzt im Wissenschaftsministerium der UNP arbeitete. Ranzer wusste, dass brisante Angelegenheiten bei ihm in guten Händen liegen, hatte er doch den Werdegang seines Freundes mitverfolgt. Jan gab die Daten zur Überprüfung an den Direktor des Observatoriums der Universität von Hawaii auf dem Kilauea und an einen führenden Wissenschaftler vom europäischen Observatoriums auf der Südsternwarte in Chile weiter. Bestätigungen der Berechnungen von Ranzers Mitarbeitern trafen bald danach bei Jan ein, der Ranzer bat, sofort zum Regierungssitz der UNP nach Taipeh zu kommen.

Tasia begleitete ihn, weil er sie darum bat, denn er benötigte wegen seines Gesundheitszustandes eine Betreuung. Ranzer zog die umsichtige Tasia jeder medizinisch ausgebildeten Kraft vor, zumal er mit ihr die wissenschaftlichen Probleme, die ihn bedrückten, besprechen konnte. In Taipeh wurden sie von Jan in ein Sendestudio der Generalsekretärin gebracht, das für die ständige Information der 21 Milliarden Menschen im Bereich der UNP eingerichtet worden war. Diese erklärte den Bewohnern des pazifischen Raums mit den Worten eines Laien, was beobachtet worden war. Ihre Schilderung war verständlich, und obwohl die Kollision des Asteroiden mit der Erde zu einer globalen Katastrophe führen könnte, war keine besondere Erregung in ihrer Stimme zu erkennen.
Lu-ni stellte Prof. Ranzer vor und bat ihn, die Öffentlichkeit über Maßnahmen zu informieren, die der Abwehr dienen könnten. Er begann ohne Umschweife, während Tasia hinter die Kamera getreten war und ihm als Publikum diente.
„Dass auf die Erde seit Beginn ihrer Existenz Himmelskörper prasseln, davon gibt die Oberfläche unseres Mondes einberedtes Zeugnis,” so begann er. ”Auch auf der Erde sind Reste von Einschlagskratern zu beobachten, obwohl Wind und Wetter diese Krater im Laufe von Jahrmillionen oder Jahrtausenden eingeebnet haben. Vor 65 Millionen Jahren hatte der Einschlag eines Körpers auf ein Gebiet in der Nähe der heutigen Yucatán- Halbinsel nicht nur zum Aussterben der Dinosaurier geführt, sondern auch zum Untergang einer großen Zahl weiterer Tierarten.
Mit den Menschen leben aber heute erstmals Wesen auf diesem Planeten, die in der Lage sind, den Einschlag eines die Existenz aller Lebewesen bedrohenden Körpers lange Zeit vor einer möglichen Katastrophe exakt vorauszusagen, und die darüber hinaus auch die Mittel besitzen, einen Treffer zu verhindern. Es gibt sogar verschiedene Möglichkeiten, einen die Erde bedrohenden Körper abzulenken Ich werde Ihnen drei davon nennen:
Man könnte 1. chemischen Sprengstoff, also etwa TNT, vor dem Körper zur Explosion bringen. Von der Energie, die bei einer solchen Explosion entsteht, werden allerdings nur 10% dazu beitragen, die Bewegung des Asteroiden zu beeinflussen. Man brauchte also eine gewaltige Menge TNT.
Es wäre daher 2. besser, Raketen mit Blei zu beladen, und sie auf den nahenden Körper zu schießen. Der Asteroid Hephaistos hat eine Länge von 7 km. Eine Rakete von 70 t, die mit einer Geschwindigkeit von 30 km/sek auf ihn auftrifft, wird eine Geschwindigkeitsänderung von 0,1 mm/sek hervorrufen. Das ist zu wenig! Mindestens muss eine Ablenkung von 5 cm/sek erreicht werden. Man benötigte also eine Vielzahl solcher 70- Tonnen-Raketen. Ehe ich Ihnen die dritte Methode schildere, folgen Sie bitte einer einfachen Überschlagsrechnung.
Wenn der Asteroid z.B. genau auf den Mittelpunkt der Erde zielt, dann ist eine Ablenkung notwendig um den Erdradius, also 6370 km. Dann würde er gerade die Erdoberfläche streifen.
Also geben wir noch, sagen wir, 1130 km dazu, dann muss die Ablenkung 7500 km betragen. Er würde dann 1130 km über der Erdoberfläche an der Erde vorbei rasen. Welche Methode man auch benutzen wird, die Ablenkung kann am einfachsten erreicht werden, wenn das Ding in zwei Jahren in die Nähe der Erde kommt. Es wird dann noch 5 Jahre dauern, bis es nach der erfolgten Ablenkung an unserer Erde vorbeirauscht.
Lenken wir also bei der nächsten Annäherung den Asteroiden einmalig um poplige 5 cm/sek ab, dann wird der Asteroid diese geringe Ablenkung während der folgenden 5 Jahre beibehalten: Sie summiert sich in 5 Jahren, jedes Jahr mit 30 Millionen Sekunden, um die gewünschten 7500 km."
Tasia musste grinsen. Hatte doch Ranzer tatsächlich mit dem Wort ‘poplig’ eines seiner Lieblingsworte benutzt. Vor dem nach Milliarden Menschen zählenden Publikum war es sicher nicht angebracht, aber Ranzer sah nur Tasia als Publikum und nicht die Milliarden Menschen, an welche die Nachricht über Hephaistos ging. So sprach er ungezwungen weiter, als würde er Tasia eine Privatvorlesung geben.
”Um eine entsprechende Sicherheit einzubauen, sollte aber die Ablenkung das Fünffache von 5 cm/sek betragen. Dies ist jedoch mit tonnenschweren Raketen, die den Asteroiden rammen, nur schwer zu erreichen. Daher sollte die 3. Möglichkeit zur Ablenkung eines Asteroiden Verwendung finden. Wir müssen zu seiner Ablenkung die seit Anfang dieses Jahrhunderts eingemotteten Kernwaffen verwenden. Sie sind bis zu 10 Millionen mal stärker als die tonnenschweren Raketen. Allerdings müssen wir versuchen, Hephaistos sacht aus seine Bahn zu stoßen, denn würde er zertrümmert werden, würde das Problem durch große Brocken, die auf die Erde stürzen können, nur vervielfacht. Die sinnvollste Weise ist es, eine Explosion von Kernwaffen mit einem hohen Neutronenanteil in einer Entfernung vom 0,4-fachen des Durchmessers des Asteroiden, bei Hephaistos im Abstand von ca. 3 km, auszulösen. Die bei der Nuklearexplosion entstehende Strahlung trifft dann 30% seiner Oberfläche. Sie dringt in den Asteroiden ein bis in eine Tiefe von 20 cm und heizt dabei die Oberfläche derart auf, dass sie wegstiebt. Wenn Teile der aufgeheizten Oberfläche davonfliegen, wird ein Rückstoß hervorgerufen, der die Bahn des Asteroiden verändert. Bei dieser Vorgehensweise ist die Gefahr eines Auseinanderbrechens des Himmelskörpers gering.
Zusätzliche Information über Zusammensetzung, Oberflächenbeschaffenheit, Schwerpunkt und Rotationszustand des Körpers sind bei dieser Methode der Ablenkung nicht nötig. Eine Explosion von Kernwaffen mit einer Sprengkraft von 10 Megatonnen wird genügen, um eine bei weitem ausreichende Ablenkung um 25 cm/sek hervorzurufen."
Man hätte denken können, dass diese Mitteilung aus dem Informationsstudio der Generalsekretärin der UNP die Sensationspresse angeregt hätte, die Zukunft der Menschheit in den düstersten Farben zu zeichnen. Die Katastrophenberichterstattung, die im vergangenen Jahrhundert noch an der  agesordnung war, war seit Jahrzehnten ersetzt worden durch eine rationalere und weniger emotionale Berichterstattung. Außerdem konnten Wälder, die in der Vergangenheit einem fraglichen Sensationsbedürfnis geopfert wurden, geschont werden, weil anstelle der Verwendung von Zeitungspapier für 28 oder gar 42 Milliarden Menschen eine elektronische Weitergabe von Information getreten war.
Papier stand natürlich immer noch in ausreichender Menge zur Verfügung, auch zur Herstellung von Büchern. In der literarischen Produktion war eine neue Form utopischer Romane in Mode gekommen. Gespickt mit Fakten, wie sie die Naturwissenschaften in Hülle und Fülle produzierten, wurden Romane geschrieben, die packender und aufregender waren als das, was in früheren Zeiten sich manche Autoren mit fast krankhafter Phantasie aus ihren Fingern gesogen hatten. Nicht etwa, dass Phantasie keine Rolle mehr spielte. Im Gegenteil! Jedoch erstreckte sie sich nicht mehr auf überwiegend kriminelle Handlungen oder auf Kriegsspiele, bei denen Machtgier und Hunger nach Geld, wie das in früheren Jahrhunderten üblich war, auf unrealistische Weise ins Weltall verlegt wurden. Da flog etwa die Besatzung eines Raumschiffs gerade mal zur nächsten Galaxie, um dort Wesen zu vernichten, die angeblich die Menschheit bedrohten. Schon so einfache Probleme wie die der Beschleunigung, um eine entsprechende Geschwindigkeit zu erlangen, wurden übergangen. Diese Wesen aus einer anderen Milchstraße sahen aus wie deformierte menschliche Bösewichte. Die Phantasie dieser Autoren reichte meist nicht weiter, als den anderen Wesen verformierte Ohren, eine lange Nase oder eine seltsam verkrüppelte Kopfhaut zu geben. Von Erkenntnissen einer Evolutionslehre, nach der Veränderungen einen Lebensvorteil für die Art bewirken sollen, schienen sie nie etwas gehört zu haben.
Die Abkehr von derart unsinnigen Veröffentlichungen konnte sich jedoch erst durchsetzen, nachdem die Kenntnisse über Probleme und Ergebnisse der Naturwissenschaften sich nicht mehr auf eine eher universitäre Elite erstreckten. Inzwischen war nämlich der naturwissenschaftliche Unterricht an allen Schulen und Fortbildungseinrichtungen erheblich ausgeweitet worden. Schließlich hatte sich das Wissen der Menschheit über die Natur und ihre Gesetze in diesem 21. Jahrhundert bereits derart vervielfacht, dass gute Kenntnisse für jeden unabdingbar waren. Es trugen aber insbesondere moderne Unterrichtsmethoden dazu bei, dass die Menschen mit den Methoden der Naturwissenschaften vertraut wurden und eine gewisse Kompetenz erhielten, über Aussagen der Naturwissenschaftler zu urteilen. Mit dem Wegfall des altersbedingten Todes stand der Allgemeinbildung in naturwissenschaftlichen Dingen auch kein Zeitfaktor mehr im Wege, so dass gründliche Kenntnisse der Biologie, der Chemie und der Physik ebenso zu den Grundkenntnissen eines jeden Menschen gehörten wie Lesen und Schreiben.
Die drei UN-Generalsekretäre hatten sich in der Folgezeit geeinigt, dass von einer Mondstation der Vereinten Nationen der Atlantikanrainerstaaten aus sämtliche Vorbereitungen getroffen werden, um Hephaistos bei der nächsten Annäherung mittels Zünden eines Nuklearsprengsatzes von 10 Megatonnen TNT aus seiner Bahn sanft abzulenken. Dies geschah zum richtigen Zeitpunkt, also etwa 2 Jahre nach den Darlegungen Ranzers, als Hephaistos einen Punkt erreicht hatte, welcher der Erde am nächsten war. Natürlich verfolgten Milliarden Menschen auf den Bildschirmen die erfolgreiche Ablenkung des Objekts, das sie bedroht hatte. Man hatte dank der gegebenen Aufklärung auch nichts anderes erwartet, als dass die Menschheit von der Bedrohung aus dem Weltall durch den Asteroiden Hephaistos befreit werde. Als die neuen Flugdaten bekannt wurden, konnte jeder nachprüfen, dass Hephaistos die Erde nicht treffen werde.
Die Sicherheit sollte sich als trügerisch erweisen.
 

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fritz-reichert@arcor.de